Berthold Fertig – vor 110 Jahren geboren

Erinnerung an einen Plankstädter Pädagogen und Politiker von Format

Berthold Fertig

Am 31. August 1908 – also vor 110 Jahren – wurde hier in Plankstadt ein Mann geboren, der in der Gemeinde tiefe Spuren hinterlassen hat.

Hunderte von Kindern hat er als Lehrer und Rektor durch ihr schulisches Leben begleitet, ihnen das Rüstzeug für ihren späteren Werdegang mitgegeben und als Schulleiter ins Leben entlassen. Die meisten der Älteren unter uns, zumindest diejenigen, die zwischen 1950 und 1970 die Schulbank in Plankstadt drückten, haben ihn noch als Lehrer der hiesigen Volksschule erlebt, als Kommunal- und Kreispolitiker, als Sportfunktionär und als engagierten Mann der Erwachsenenbildung. Die vielen Eindrücke, die er hinterlassen hat, rechtfertigen allemal, heute auf sein Leben zurückzublicken.

Geboren am 31. 8. 1908 in Plankstadt als Sohn des Arbeiters Friedrich Fertig und dessen Ehefrau Anna, geb. Kapp, besuchte er von 1915 bis 1920 die Friedrichschule (damals noch ohne Namen und nur Volksschule genannt), an der er 1974 als Rektor seinen beruflichen Weg beschließen sollte. Am Kurfürst-Friedrich-Gymnasium in Heidelberg legte er 1928 das Abitur ab und absolvierte danach das Lehrerstudium in Freiburg. 1930 begann nach der 1. Staatsprüfung sein zunächst Lehrerdasein, das ihn in 21 badische Dienstorte führte - von der Schweizer Grenze bis nach Plankstadt – ganz so unstet, wie das früher zum Beruf eines jungen Lehrers gehörte.


Alle Schulformen lernte er dabei kennen, von der Hirtenschule bis zur voll ausgebauten Stadtschule. 1936 erfolgte die 2. Staatsprüfung und nach vielen Stationen - nach kriegsbedingter Unterbrechung, von der einen Teil an einer Schule im Elsaß verbrachte, wo er auch sein Sportlehrerexamen ablegte - kam er schließlich 1948 in seine Heimatgemeinde Plankstadt. Er gehörte unter den Plankstädter Lehrern zu denen, welche die schwierige Wiederaufbauarbeit nach dem Kriege leisteten. Zu diesen Lehrern der ersten Stunde gehörten Rektor Emil Knopf ebenso wie der frühere Rektor Josef Fleuchaus. Einblick in das auch früher nicht ganz leichte Lehrerleben gibt ein Hinweis von Eugen Pfaff in einer Laudatio zum 65. Geburtstag des Verstorbenen: dort berichtet er, daß Fertig in den 40-er Jahren einschließlich Kindergeld 221 Mark im Monat verdiente - selbst mit Rücksicht auf die damalige höhere Kaufkraft ein äußerst bescheidenes Einkommen. Und noch in den 50-er und 60-er Jahren waren Lehrer auf eigene landwirtschaftliche oder gärtnerische Betätigung angewiesen, um ihre Familien ausreichend ernähren zu können.

Rektor Ludwig Grimm trat 1962 in den Ruhestand, und Berthold Fertig trat seine Nachfolge an als Schulleiter der Friedrichschule an. Als er 12 Jahre später im Juli 1974 in den wohlverdienten Ruhestand trat, fiel es dem damaligen Oberschulrat Marx leicht, lobende Worte zu finden, gehörte doch Berthold Fertig zu den Schulleitern, die durch großes Organisationstalent bestachen, schulischen Neuerungen stets aufgeschlossen gegenüberstanden und in der Lage waren, eine Schule auf dem pädagogischen Wege voranzubringen; letzteres darf nicht verwundern, denn als Klassenkamerad des bekannten Grundschuldidaktikers Artur Kern gehörte er mit zu den Wegbereitern der Ganzheitsmethode.
Sein damaliger Konrektor Artur Ebert drückte Berthold Fertigs Maxime damals mit einem Wort von Martin Luther so aus: "Lebe, als ob du morgen sterben würdest und arbeite, als ob du ewig leben würdest!" Die schwierige Phase der Teilung der Schule im Januar 1973, als die Friedrichschule Grundschule wurde und ein Teil der Schüler und Lehrer in die mittlerweile voll ausgebaute Humboldtschule abwanderten, erforderte viel Fingerspitzengefühl und der Bau der Turn- und Schwimmhalle gehört zu den herausragenden Ereignissen seiner Amtszeit.

Berthold Fertigs Lebenswerk wäre jedoch mit der Beschreibung seines schulischen Lebens nur unzureichend gewürdigt. Der Kommunalpolitiker Fertig war auf Kreisebene und weit darüber hinaus ein bekannter und geachteter Mann. Seine Arbeit in den zahlreichen Gremien wurde überall anerkannt. Als im Jahr 1971 die 1200-Jahrfeier der Gemeinde Plankstadt anstand, war seine Mitarbeit selbstverständlich; besonders bei den Beiträgen zum Heimatbuch war er ein wertvoller Mitarbeiter des Herausgebers Eugen Pfaff. In seinen Buchbeiträgen befasste er sich mit den kriegsbedingten Leiden der Plankstädter in der Geschichte sowie mit der Geschichte der katholischen Kirchengemeinde. Und fast erinnert man sich nicht mehr: der erste Plankstädter Heimatbrief an die Plankstädter in aller Welt aus dem Jahr 1966 stammte aus seiner Feder !

Bereits in frühesten Jahren begann seine sportliche Laufbahn. Zunächst als aktiver Fußballer in zahlreichen Vereinen an den verschiedenen Dienstorten; aber auch als Sportfunktionär in vielfältigen Aufgabenbereichen. Früher der DJK zugehörig, stellte er sich nach dem Kriege in die Dienste des SC Eintracht Plankstadt und war viele Jahre als Vorstand oder Vorstandsmitglied für den Verein tätig. Auch hier belegen zahlreiche Ehrungen die Anerkennung seiner Verdienste als großer Förderer des Sports. Maßgeblich mitverantwortlich zeichnete er hier für den Neubau des Clubhauses sowie für die Neugestaltung der Sportplätze.

Neben all den funktionalen Tätigkeiten, die Berthold Fertig im Laufe seines langen und reichen Lebens ausübte, darf jedoch eines nicht vergessen werden: immer stellte er seine Kraft in den Dienst für die anderen! Die vielfältigen Verbindungen, die er während der vielen Jahre knüpfen konnte, nutzte er besonders zum Wohle vieler Ratsuchender, die bei ihm immer ein offenes Ohr fanden. Dies wußten besonders seine ehemaligen Schüler zu schätzen, für die er immer zu sprechen war und die ihm diese Hilfsbereitschaft nicht vergessen werden. Durch seine Vermittlung wurde mancher steinige Weg ebener und manchmal wurde sogar fast Unmögliches möglich. All seine vielfältigen Aktivitäten forderten natürlich auch ihren Tribut zu Lasten des privaten Lebens und nur das verständnisvolle Mittragen durch seine Gattin Else, geb. Fleuchaus und seiner Familie machten dieses erfolgreiche Leben erst möglich.

Von Gemeindearchivar Ulrich Kobelke
(Foto: Gemeindearchiv)