1250 Jahre Plankstadt - die Nachlese

Jubiläums- und Partnerschaftsabend

Das Festbier fließt
Nach zwei Schlägen sprudelt der Gerstensaft zur Freude von Bürgermeister Nils Drescher und Welde-Chef Max Spielmann. 

Der Festabend zur Eröffnung der Feiern

Dem Himmel auf Erden nah

Einen 1250. Geburtstag zu feiern ist keine kleine Sache. Im Gegenteil, für die Gemeinschaft und den Gemeinsinn könne solch ein Fest, so die zahlreichen Redner zum Auftakt der Geburtstagsfeier, kaum überschätzt werden. Festrede und Grußworte nahmen im Festzelt einigen Platz ein, es gab ja auch viel zu sagen – 1250 Jahre bergen eine Menge Inhalt. Christian Habekost, alias Chako, in bekannter Manier willkommen, den Abschluss markierte die grandiose Formation „Me and the Heat“. Allein diese beiden schon Garanten für ausgelassene, fröhliche Stimmung. Es ist nicht übertrieben‚ diese Feier im Festzelt in der Gänsweid als eine Art Selbstvergewisserung zu bezeichnen, die in Sachen Identität ein paar Pflöcke einschlug. Denn mit diesem Fest, so Bürgermeister Nils Drescher, würde auch an die Menschen erinnert, die über die Jahrhunderte Plankstadt zu dem Ort gemacht hätten, der er heute ist. Und dieser Ort, daran ließ Drescher keinen Zweifel, sei der beste Ort in der 1250 Jahre währenden Geschichte Plankstadts. Eine Sicht, die im Festzelt unter den zahlreichen Zuhörern den Status der Allgemeingültigkeit besitzen dürfte. Plankstadt, so der Welde-Chef Max Spielmann, sei ohne Frage dem Himmel auf Erden sehr nah.

Bevor Drescher seine Festrede hielt bereiteten die Big-Band des Musikvereins Plankstadt der erste Bürgermeister-Stellvertreter Gerhard Waldecker und eben Spielmann den Boden. Mit dem Song „New York, New York“ machte die Big-Band den Maßstab schon einmal klar. Plankstadt und New York, darunter geht es nicht. Dementsprechend weltstädtisch geriet auch die Begrüßung der Honoratioren, die Waldecker abarbeiten musste. Und dieses Wort ist bewusst gewählt. Denn die Liste war von der Politik und Ehrenpersonen über Behörden, Bildung und Kirchen bis Vereinen, Unternehmen und Sponsoren an die 80 Namen lang. Jeder und darüber hinaus sei wichtig für die Gemeinde. Ein Satz, den auch Max Spielmann kurz vor dem Fassanstich unterstrich. Als Segler wüsste er, was es bedeute den richtigen Kurs zu setzen und ihn zu halten. Und gerade hierzu brauche es auch Mut. Denn ob ein Kurs klug gewählt sei, zeige sich oft erst später. Dabei sehe die Bilanz in den vergangenen 1250 Jahren mehr als zufriedenstellend aus. Plankstadt habe einen klugen s zwischen Moderne, Tradition und Heimat gewählt. Nicht umsonst braue man hier gerne Bier. Heute, daran ließ der junge Welde-Chef keinen Zweifel, sei Plankstadt dem Himmel auf Erden jedenfalls ziemlich nah.

Max Spielmann von der Welde Brauerei 

Zwei Schläge und der Gerstensaft sprudelt

Nach dem Fassanstich, den Drescher in beeindruckenden zwei Schlägen absolvierte, trat nach einem ersten kurzen Hallo von Christian „Chako“ Habekost der Bürgermeister an den Pult. Für ihn, damit schloss er, ist Plankstadt des Jahres 2022 das beste Plankstadt, das es je gab. Doch seit den Anfängen der Planungen für dieses Fest im Jahr 2019 habe sich drum herum einiges eingetrübt. Corona und dieser „furchtbare Angriffskrieg“ hätten der Zeit einen gerade eher düsteren Stempel aufgedrückt. Deutlich heller erscheint Drescher dagegen die Hilfsbereitschaft der Plankstadter Bürger. „80 Kriegsflüchtlingen haben in Plankstadt Schutz gefunden.“ Man könnte eine Feier in Zweifel ziehen. Doch für Drescher wäre es der falsche Weg. Denn es sei ein wichtiger Anlass und für die Identität einer Gemeinde unverzichtbar. „Es gilt, sich an die Menschen zu erinnern, die in vielen Jahrhunderten unsern Ort zu dem gemacht haben, der er heute ist.“ Ihr Wirken und Tun sei heute noch in Plankstadt präsent, wie beispielsweise die landwirtschaftliche Prägung. „Plankstadt war stets Heimat von Bauern.“ Und dass, so Drescher, solle sie auch bleiben. Deshalb wehrte er sich in seiner Rede vehement gegen die Trassenpläne der Deutschen Bahn. Damit würden wertvolle Ackerböden, vernetzte Biotope und „unser letzter Grünzug“ verloren gehen. An die Vergangenheit erinnerten auch die Silhouette, mit den beiden Kirchtürmen dem Wasserturm, sowie die Sprache. Die Vergangenheit sei allgegenwärtig und sie sei für den Menschen im Strom der Zeit ein wichtiger Anker, den es zu erhalten gelte.

Daniel Born, Vizepräsident des baden-württembergischen Landtags

Grußredner finden emotionale Worte

Das sei auch für das Ehrenamt richtungsweisend. In den vergangenen Jahren sei die Ehrenamts-Akquise schwieriger geworden. Dabei entscheidet die Bereitschaft sich ehrenamtlich zu engagieren mit darüber, wie lebensfroh eine Gemeinde sei. Klimaerwärmung, Pandemie, Inflation, Pflegenotstand, Landverbrauch und Vereinssterben verdüstern den Himmel sehr wohl. Aber Drescher schloss mit einem Rat des Schotten Thomas Carlyle, der im 19. Jahrhundert erklärte: „Die Zeit ist schlecht? Wohlan. Du bist da, sie besser zu machen.“ Worte, die der erste Grußredner Stefan Dallinger dick unterstrich. Leben ist für den Landrat eine Kombination aus Tun und Bewusstsein. So entstehe Identität. Plankstadt habe sich vor einem halben Jahrhundert seine Identität bewahrt und blieb damit als Gemeinde mit Identität sichtbar. Es sei eine Sichtbarkeit, die auch im Kampf gegen die geplante Trassenführung der Bahn helfen könnte. Dallinger ließ dabei keinen Zweifel, dass er hier an der Seite Plankstadt stünde. Etwas anders sei das bei dem Straßenbahnprojekt, von dem Dallinger noch immer hofft, dass es verwirklicht werde. Was aber auch immer geschehe, der Gemeinde attestierte der Landrat „eine glänzende Zukunft“. Eine Sicht, die auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Olav Gutting teilte. Dabei ist es im wichtig, dass die Kommunen als starke Institutionen im politischen Geflecht der Republik erhalten bleiben und mithelfen‚ das Schiff auf Kurs zu halten. Auch sein CDU-Landtagskollege Andreas Sturm schlug in diese Kerbe. Für ihn gleicht Plankstadt dem rebellischen Dorf in Gallien, das durch die beiden Freunde Asterix und Obelix bekannt wurde. Es brauche diese Dörfer, um das große Ganze auf gutem Weg zu halten. Gemeinsam übergaben sie dem Bürgermeister übrigens einen Kuchen mit dem Wappen der Gemeinde. Nach Verlautbarungen aus Insiderkreisen soll er über Parteigrenzen hinweg gut geschmeckt haben.

MdB Olav Gutting, Bürgermeister Nils Drescher und Landtagsabgeordneter Andreas Sturm

Gestern, heute, morgen

Der Vizepräsident des baden-württembergischen Landtages, der SPD-Mann Daniel Born, blickt auf Plankstadt als ein Ort der Träumer. Wenn nur einer träume, sei es nur ein Traum. „Wenn aber viele gemeinsam träumen, ist es der Beginn einer neuen Wirklichkeit.“ In Plankstadt sei viel zusammen geträumt worden, was diese prosperierende Gemeinschaft hier erkläre. Für den SPD-Abgeordneten ist die Demokratie genau wegen dieser Chance auf gemeinsame Träume, die am Ende überlegene Ordnungsform. Wer hätte sich nach 1945 dieses Gebilde EU auch nur vorzustellen gewagt. Dass es heute existiert habe viel mit diesem gemeinsamen Träumen zu tun.
Etwas andere und vielleicht auch etwas anstrengendere, aber dafür umso wichtigere Akzente setzte der Staatsekretär im baden-württembergischen Umweltministerium, Dr. Andre Baumann. Identität sei nichts Festes. Sie unterliege vielmehr dem Wandel der Zeit. Und der Wandel derzeit könnte durchaus Sturmqualitäten bekommen. Aus dem berühmten Roman „Der Leopard“ von Giuseppe Tomasi di Lampedusa stammt die Formel, es muss sich alles ändern, damit alles so bleibt wie es ist. Für Baumann steckt da viel Wahres drin. Die Versiegelung müsse gebremst werden, um Platz für Fauna und Flora zu erhalten. Windräder auch auf Plankstadter Gemarkung seien unausweichlich und für eine gewisse Zeit bedarf es wohl zwischen Plankstadt und Eppelheim eine Pipeline für Gas und später hoffentlich für grünen Wasserstoff. Letzteres sei unverzichtbar, wenn man die Industrie erhalten wolle. Und in diese Kategorie gehörten, auch das sagte Baumann unmissverständlich, die Geothermie. „Wer den Klimawandel wenigstens begrenzen will, muss in Sachen Energiewende alles tun und zwar jetzt.“ Es waren Worte, die nicht ganz so viel Applaus bekamen, aber dafür umso beachtlicher waren.
Den Abschluss gestalteten Wolfgang Eichhorn von der IG Vereine, der Oftersheimer Bürgermeister Jens Geiß und der Jugend-Beirat Pascal Preuß. Wobei vor allem Geiß mit der Formulierung, „was ist das Schönste an Schwetzingen, Oftersheim, Brühl und Ketsch? Es ist der Blick auf Plankstadt!“, gefeiert wurde. Und Preuß, der mit 19 mit Abstand jüngste Redner, erklärte, dass er gemeinsam mit den anderen Jugendbeiräten mit dazu beitragen wolle, dass dieser Satz auch die nächsten Jahrzehnte Gültigkeit besitze.

Staatssekretär Dr. Andre Baumann

Die "Gechichte" Plankstadts - mal anders erzählt

In den ersten Minuten hatte Chako etwas Mühe das Stimmengewirr zu drosseln. Zu schön war es einfach wieder einmal in einem Festzelt zu sitzen, ein Bier vor sich und die Freunde neben sich zu haben. Anna Holland erklärte dies zum eigentlich idealen Aggregatzustand des Seins. „Das ist doch das Leben.“ Ein Satz, den Selin sofort unterschreiben würde. Er kam mit dem Biertragen zwar kaum hinterher und dass es im Festzelt ziemlich warm war, war auch nicht zu übersehen, aber inmitten von so viel gut gelaunten Menschen zu arbeiten, mache einfach Spaß. Und das galt auch für geniale Dialekt-Gewitter rund um „Weesch wie ich mään“ und „Ei Yoo“, das der Kurpfälzer, Pfälzer und seit Kurzem auch Plänkschder, zum Glück nur im Festzelt, entfesselte. In der Nacht gab es ein paar Regentropfen, doch das Gewitter am Himmel blieb aus. Chako trat übrigens durchaus ungewohnt in der Rolle als Historiker auf. Und um es gleich vorwegzunehmen. Historisch war sicher nicht alles ganz exakt, aber Geschichte mit einem Komiker ist deutlich lustiger. Und manchmal blitzt dann doch so etwas wie Erleuchtung auf. Dass wir im Grunde alle Plänkschder sind, war jedenfalls eine sehr neue und vor allem lautstark gefeierte Erkenntnis. Zu allererst ließ er aber keinen Zweifel daran, dass es eine Ehre sei‚ hier stehen zu dürfen. Beim 1200. Geburtstag vor 51 Jahren standen Roberto Blanco und Heino auf der Bühne. Und nun er. Was schon mal zeige, dass die Plänkster beim Feiern Kontinuität mögen. Blanco, Heino und Chako, alle enden auf O. Und dann ging es los und zwar sprichwörtlich ganz am Anfang. Im Grunde sei bewiesen, dass schon Adam und Eva Plänkster gewesen seien. Nach der Geschichte mit dem Apfel ging es dann aus dem Paradies Richtung Kurpfalz. Und der Mann ließ offen, ob das wirklich ein Abstieg darstelle. Im Hauruckverfahren ging es dann durch die Jahrtausende und Jahrhunderte. Erster Höhepunkt war die Erwähnung im Lorscher Codex im Jahr 771. Ein Höhepunkt aber nur deswegen, weil man ja Gründe zum Feiern brauche. Schnell zeigte sich dann die mittlerweile berühmte Plänkschder Widerspenstigkeit. Im Jahr 1295 wehrten sich die 14 Plänkschder Höfe gegen die Vertreibung durch Zisterzienser-Mönche. 1973 ging es dann für die Unabhängigkeit und gegen die Eingemeindung mit Schwetzingen, 2014 gegen eine Straßenbahn durch den Ort und nun gegen eine Trasse der Deutschen Bahn. Wer denkt da nicht an dieses berühmte gallische Dorf, das auch dank eines Zaubertrankes standhält und bleibt was es ist, ein Dorf. Auch die Plänkschder hätten mit dem Gerstensaft ja einen Zaubertrank. Nur heißt in Plankstadt der Druide nicht Miraculix, sondern Spielmann (von Welde). Es zeigte sich, Chako liebt den groben Strich. Nicht vielen Historikern gelingt eine fast 700 Jahre währende Linie von den Zisterzienser-Mönche bis zur Straßenbahn.

Christian Chako Habekost mit der "Gechichte" Plankstadts 

Toller Geschichtsunterricht

Bei so viel Widerspenstigkeit fehle eigentlich nur noch der Superlativ. Gerade zum Jubiläum gelte doch „sink big“. Da hätte die Plänkschder unzweideutig noch Nachholbedarf. Immerhin hätten die Plänkschder mit ihrer Rebellenart entscheidende Wegegabelungen der Menschheit beeinflusst, wenn nicht das Menschsein gar tiefgehend geprägt. Eine Welt ohne Dubbe-Glas, Allah oder den schönsten Wasserturm in der Kurpfalz, wäre eine andere. Plankstadt sei sowohl Wiege der Menschheit, als auch, und das wurde er dann doch kurz ganz ernst, Heimat. In der globalisierten und dauerflexiblen Welt eine Besonderheit. „Und zwar die scheenste.“ Worte, die mit viel Jubel quittiert wurde. Mit am schönsten findet Chako übrigens das Wappen der Gemeinde. Und zwar weil es keine Bedeutung hat. Jede Gemeinde könne ansonsten ein Detail erklären, was welcher Strich bedeutet. In Plankstadt nicht, sieht einfach nur schön aus. Und schon wieder tosender Applaus. Die Plänkschder lieben ihren Chako. Ganz vorneweg Bürgermeister Nils Drescher, der Chako am liebsten sofort die Plänkschder Bürgerrechte verliehen hätte. Was Cornelia, die ihren Nachnamen wegen ihres Ehemannes nicht sagen will, sehr gefreut hätte. „Chako ist der beste und schönste Mann der Welt.“ Und sehr eindrücklich erklärte der 10-jährige Ben, dass der Mann ja richtig lustig sei. So wäre Geschichtsunterricht toll. Ob denn die Politiker zu anfangs auch so lustig gewesen seien, ließ er übrigens diplomatisch offen.

Me and the Heat 

Ein Partyfeuer auf dem musikalischen Olymp

Vom umjubelten Olymp der Historie mit Christian „Chako“ Habekost ging es dann nahtlos auf den Olymp der Musik. Die neun Musiker von „Me and the Heat“ entfesselten das Publikum bis spät in die Nacht. Gnadenlos machte sich der Rhythmus breit und nicht vielen gelang es auf der Bank sitzen zu bleiben. Songs wie „Black or White“, „Like the Way I do“, “Summer in the City”, “Sky Fall”, “All light on“ oder “Let the music play”, leidenschaftlich von dieser Truppe gespielt, verfehlten ihre Wirkung nicht. Das ausgelassene Partyvolk auf den Bänken war ein untrüglicher Beleg dafür. Bevor die mittlerweile legendäre Truppe das Partyfeuer auf dem musikalischen Olymp entzündete, fand im Festzelt ein stiller aber doch beachtlicher Wechsel statt. Das Publikum wurde etwas jünger und lauter. Was beileibe nicht heißt, dass die älteren Semester das Zelt in Scharen verließen. Ganz im Gegenteil, nicht selten waren sie es, die an der Tanzfront ganz vorne zu finden waren. Aber es kamen eben doch etwas mehr Jüngere hinzu, die das Geburtstagsfest im Festzelt so richtig zum Kochen brachten. Für Rita Wolf ist es die erste Partynacht seit Langem und das mit dieser Band. 

Tanzen war Programm

Einfach großartige Musik

Eine Einschätzung, die durchgehend anzutreffen war. Hier, so Melanie Young, „könnten die Plänkschder endlich mal wieder so richtig aus sich raus“. Ein Satz, der das Sein in dieser ersten Geburtstagsnacht ziemlich gut beschreibt. Die erzwungene Corona-Pause hatte Wirkung. Es schien fast, als wäre ein Korken aus der Flasche namens Party geploppt. Es gab kein Halten mehr. Jung und Alt gab sich der Musik hin als gäbe es kein Morgen mehr. Auch ein beachtlicher Teil an Verwaltungsmitarbeitern war mitten drin zu finden. Endlich tanzen und feiern, so der Tenor in der Truppe, die ansonsten eher still im Rathaus sitzt. Dabei war es übrigens nicht leicht festzustellen, wo das Glück größer war, vor oder auf der Bühne. Denn so glücklich die Zuhörer hier strahlten, so strahlend fröhlich wirkten auch Giovanni Emanuele (Schlagzeug), Dietrich Bechtel (Bass), Jörg Dudys (Gitarre), Martin Pohl (Keyboard), Gesa Schulz (Saxophon) sowie die vier Sänger Darnell Perryman, Sarah Vox, Tobias Lensinger und Hagen Grohe. Zu sehen, wie eine Gruppe von Menschen musikalisch entfesselt wird, gehört wahrlich zu den schöneren Dingen, die man von einer Bühne herunter zu sehen bekommt. Es war ein grandioser Auftakt und niemand zweifelte hier daran, dass es am Wochenende auf diesem Feier-Niveau bleibe. Wie sagte es Anna Holland schon bevor das Fest langsam in die Gänge kam, „Die Plänkschder können feiern“. Und dafür wurde gemeinsam mit „Me and the Heat“ der erste Beweis erbracht.

Incontro L'Arte bringen Stimmung ins Zelt

Lebensfreude und Gefühle pur

Es war der zweite Tag der 1250-Jahr-Feier und er erlebte einem Katapultstart. Bürgermeister Nils Drescher gelang im Festzelt eine kurze Begrüßung und dann stürmten schon „Incontro L’Arte“, eine Tanzgruppe aus der italienischen Gemeinde Argenta, die Bühne und verwandelte das Areal um die Gänsweid in ein kleines Paradies für alle Italienliebhaber. Die acht Frauen und drei Männer unter der Leitung von Roberto Giovenco zündeten wahrhaft ein italienisches Brillant-Feuerwerk mit der entsprechenden Wirkung. Carmela Falcone, in Neapel geboren und seit 60 Jahren in Deutschland zuhause, war es ein inneres Fest. „Ich liebe das alles hier, diese übersprudelnde Lebensfreude.“ Und auch Sabine Busse erkor diesen Auftakt zu den schönsten seiner Art. „Explodierende italienische Lebensfreude in Plankstadt, schöner geht’s nicht.“ Ein Satz, dem man im Nachhinein beinah prophetische Kraft zugestehen kann. Denn auch die weiteren Musiker des Abends, das Mannheimer A-Cappella Quartett „Les Brünettes“, die Band „Art of Rock“ und auch das Violinen-Duo Janis und Laurin Stieger verzauberten ihr Publikum.

Italienisches Flair in der Gänsweid

Sehnsucht nach Italien - leckeres Essen im Zelt

Doch zurück zu der italienischen Truppe. Ihre musikalische und tänzerische Reise quer durch Italien weckte bei nicht wenigen hier im Festzelt die Italiensehnsucht. „Ich liebe Italien“, so Bosse. Und damit auch diesen Temperamentausbruch. Es ließ an einen kurzen aber heftigen Vulkanausbruch denken. Nur spuckte dieser Vulkan keine Asche oder Lava aus, sondern versprühte mediterrane Lebensfreude pur. Lieder wie „O sole mio“ oder „Volare“ brachten die Menschen hier förmlich zum Fliegen. Italien, das war hier unübersehbar, ist und bleibt Sehnsuchtsland der Deutschen. „Nicht stören, ich träume gerade vom Meer“, so sagte es denn auch Andrea Müller. Ein Satz, der beim Blick in die Augen der Zuhörer wohl keine Seltenheit war. Auch der Autor dieser Zeilen erwischte sich bei dem Gedanken, dass es sehr schade sei, dass die Beam-Technik aus Star Trek nicht Wirklichkeit ist. Jetzt schnell ans Mittelmeer, ein Glas Weißwein und Parmesan mit Abate-Birne. Dann aber wieder schnell zurück, denn die 1250-Jahr-Feier in Plankstadt genießt ebenfalls einen glänzenden Attraktivitätsstatus. Und das auch wegen der Kulinaria, wenn auch ohne Parmesan und Abate-Birne. Neben Schnitzel, Pommes, Hähnchen, Bratwurst und Käsespätzle gab es auch einen Grünkern-Tomaten-Fenchelsalat an hellem Balsamico-Dressing und gerösteten Pinienkernen oder einen Rote-Bete-Linsen-Salat‚ ebenfalls an heller Balsamico-Dressing und Ziegenkäse-Crumble. Dazu ein Welde als Pils oder Weizen und die Welt war hier für den Moment durchaus in Ordnung. Dafür sorgten auch die Zwillinge Janis und Laurin Stieger mit ihren Geigen. Etwas weniger leidenschaftliches Temperament, aber musikalisch auf ebenfalls hohem Niveau, das hier sichtlich Eindruck hinterließ. Beeindruckend war ihre Gelassenheit mit der sich die beiden den Massen in diesem Zelt stellten. Normalerweise sind die beiden Meisterklassenschüler der Schwetzinger Musikschule ja eher im Konzertsaal unterwegs und spielen vor Menschen, die im Höchstfall ein Glas Sekt in der Hand haben und der Musik gebannt lauschen. Zwei Violinen im Festzelt mit Biergarnitur und dementsprechender Atmosphäre war da dann doch ein eher ungewohntes Terrain. Aber sie meisterten dieses ungewohnte Terrain gewohnt meisterlich. So jung die Brüder sind, so professionell sind sie.
Es spricht für die Organisation dieses Festes, Platz zu schaffen für verschiedenste musikalische Stile. Nicht nur zünftige Blasmusik, wie zu anfangs mit der Big-Band des Musikvereins, sondern auch italienische Lieder, a Cappella, harter Rock und sanfte Klassik. Musikalisch war das hier schon die ganz große Vielfalt und den Menschen schien es, wenn man Applaus und Jubel als Maßstab nimmt, zu gefallen.

Jean Pierre Grand aus Castelnau le Lez und Bürgermeister Nils Drescher

Europa ist die einzige Heimat, die wir haben

Neben der Musikkultur stand dieser zweite Festabend ganz im Zeichen der länderübergreifenden Freundschaft mit der französischen Partnergemeinde Castelnau-le-Lez und den Freunden aus dem norditalienischen Argenta. Nach dem Auftritt der Tanztruppe aus Argenta kann der Rednerteil hinsichtlich des Temperaments auf der Bühne als kurze Abkühlperiode bezeichnet werden. Doch inhaltlich war er wichtig wie nur selten. Der Krieg in Europa hat das Denken in der Kategorie Freundschaft wieder mit einiger Bedeutung aufgeladen. Das System der Städtepartnerschaften ist in den Augen von Bürgermeister Nils Drescher wichtig wie nie. Krieg sei, wie wir jetzt leider wissen, nie unmöglich. Und eine der wenigen Versicherungen gegen Gewalt und Krieg seien die Verbindungen der Menschen über Grenzen hinweg. Die Idee Europas sei ein Projekt der Verständigung und Freundschaft und damit „auch unsere einzige wirkliche Chance auf Frieden“. Denn Kennenlernen und Verstehen machten den Raum für Vorurteile und Zwist auf lange Sicht immer kleiner. Dabei beurteilte der Bürgermeister die Lage vor dem Hintergrund des europäischen Freundschaftsdreieckt mit Castelnau-le-Lez, Argenta und Plankstadt als durchaus erfreulich. Entscheidend sei, und das betonten an diesem Abend alle Redner aus den drei Nationen, dass die Jugend beginne dieses europäische Freundschaftsprojekt zu tragen. „Auf euch kommt es an“, so Drescher.

Der europäische Gedanke lebt in den Städte-Partnerschaften

Die Fundamente Europas

Es waren Worte, die der Senator des Département Hérault in der Region Okzitanien, Jean-Pierre Grand‚ sichtlich dankbar aufgriff. Frieden und Freiheit seien die Fundamente Europas. Nur aus Zuwendung entstünde Verstehen und Freundschaft und damit am Ende der Respekt vor dem Anderen. Wortreich beschrieb Grand die Bedeutung der persönlichen Freundschaften, die unter dem Dach der Städtepartnerschaften in den vergangenen 40 Jahren entstanden seien. Das Persönliche sei ja das Ziel dieses auf den ersten Blick eher bürokratischen Konstrukts Städtepartnerschaft. Und hier ist in den Augen des Senators einiges erreicht worden. Besondere Verdienste kämen den Trägern der jeweiligen Freundschaftsvereinen Antoine Pérez (Castelnau-le-Lez), Alessandra Sicchilone (Argenta) und Manfred Kresser (Plankstadt) zu. Angelehnt an ein Gleichnis aus der Bibel erklärte er, dass auch dank dieser Drei, aus dem Senfkorn, das vor vier Jahrzehnten gepflanzt wurde, mittlerweile ein starker Baum der Freundschaft entstanden sei. Wer hätte, so attestierte der Beigeordnete Bürgermeister Philippe Guy, nach den Verheerungen des Zweiten Weltkrieges auch nur einen Moment daran geglaubt, dass so etwas möglich werden könnte. Als jemand, der auch andere Zeiten erlebt habe, bedeute das Europa von Heute reines Glück. Das Zusammenstehen, die Solidarität und die Freundschaft über Grenzen hinweg, daran ließ Guy keinen Zweifel, seien mehr als nur schöne Worte, sie sind Ausdruck für den Frieden und die Freiheit in Europa. Unterm Strich gilt für den Franzosen, bei allen Problemen, die es natürlich in jeder Freundschaft gebe, dürfe niemals vergessen werden, dass „Europa die einzige Heimat ist, die wir haben“. Eine Sicht, die auch Baldini zu teilen schien. Lud er Drescher doch im kommenden Jahr nach Italien ein, um die langjährige Freundschaft endlich auch in Form einer Städtepartnerschaft zu gießen. Europa, so schön, habe jede Anstrengung verdient, damit sie dieser vielfältige, bunte und vor allem geeinte Kontinent bleibe. „Nie waren diese Bande wichtiger.“

Les Brünettes aus Mannheim überzeugen mit A-cappella-Gesang

Gäste erinnern sich an die Anfänge

Während Guy und Drescher die Urkunden unterzeichneten und eine imponierende Partnerschaftstorte aus dem Hause Leisinger serviert wurde, erinnerte sich Bernhard Hülsenbusch an die Anfänge vor 40 Jahren. Mit einem Schmunzeln erzählte er von seinem ersten Besuch in Castelnau-le-Lez im Herbst 1981. Sie waren eingeladen zum Essen und es gab Lachs. Es war nicht so viel, sodass er damals noch etwas nachorderte. Er wusste nicht, dass es nur einer von fünf Gängen war. „Ich bin am Schluss fast geplatzt.“ Französische Tischsitten waren damals noch kein Allgemeingut. Dass sie jetzt bekannt sind, sei auch ein Effekt dieser Partnerschaft.
Ein weiterer Effekt und auch ein sehr bestechender Beleg für dieses unfassbar schöne Europa, waren die vier Frauen der deutsch-französischen A-Cappella-Band „Les Brünettes“. Fast etwas schüchtern kamen die Vier auf die Bühne im Festzelt. Ganz offensichtlich nicht ihr bevorzugtes Habitat. Aber was Stephanie Neigel, Sophie Lindmüller, Juliette Brousset und Lisa Herbolzheimer hier zeigten und zu Gehör brachten, gehört in den Augen von Ute Konzmann zu den hellsten Sternen am europäischen Musikfirmament. Keine Frage, so viel musikalisches Können, Charme und Witz sind selten. Brousset erzählte, dass es als Französin mit deutschen Männern nicht immer ganz einfach gewesen sei. Sie seien etwas zurückhaltender als französische Männer, sodass das Flirten doch eine eher stockende Veranstaltung gewesen sei. „Das Kennenlernen war nicht immer einfach.“ Worte, die man angesichts ihrer Eleganz kaum zu glauben vermochte. Doch immerhin entstand aus diesem Umstand ein wunderbar charmantes Lied. Wobei das für alle Lieder dieses Quartetts galt. Songs, wie „Penny Lane“ von den Beatles‚ wurden mit ihnen einmal mehr zum Ereignis. Am Ende wurde das deutsch-französische Quartett, das auch noch italienisch sang‚ geradezu frenetisch gefeiert. Den Vier gelang ein wahrhaft grandioser Moment in unüblicher Umgebung.

Rockiges zum Schluss

Mit Art of Rock geht es in den Samstagmorgen

„Art of Rock“ bewies zum krönenden Abschluss dieses Festabends, dass die "Kunst des Rocks“ keinen Moment lang eine Übertreibung war. Bis leider nur kurz nach Mitternacht rockten die sechs Musiker das Festzelt mit legendären Songs, wie „Simply the best“, „Alkohol“, „Music“ oder „Nothing else matters“ auf höchstem Niveau. Für Mia und Maja, beide 17 Jahre alt, gab es kein Halten mehr: „Die sind ja so geil.“ Jessica Sold (Gesang), Florian Santner (Gesang), Martin Berlinghof (Bass), Eric Maurer (Schlagzeug), Christopher Stumpf (Keyboard) und Stefan Brandt (Gitarre) sorgten schon vor Konzertbeginn für einen leichten Anstieg der Betriebstemperatur im Festzelt. Für einen großen Teil des etwas jüngeren Publikums, das nun zunehmend in der Gänsweid auftauchte, war nicht nur die Erwartung groß, sondern auch die Ungeduld. Jeder Ton des Soundchecks wurde fast schon begierig aufgenommen. Und als es dann wirklich losging, waren die Füße auf den Tischen und Bänken und die Hände in der Höhe. Ein Bild für Götter der Musik. Bei der Kraft, die da von der Bühne kam, waren die Reaktionen vor der Bühne jedoch nicht wirklich verwunderlich. „Das geht ziemlich direkt ins Blut“, so Mia. Stillsitzen gehe da nicht. Eine Einschätzung, die im Festzelt beinah den Status der Allgemeingültigkeit besaß. Dabei war es für Mia und ihre Freundinnen eine doch ziemlich neue und ganz zu anfangs vielleicht auch etwas befremdliche Erfahrung. Solche Partys mit so vielen Leute gab es in den vergangenen beiden Corona-Jahren ja so nicht. Im ersten Moment zögerte die Truppe denn auch einen Moment lang‚ sich ins Getümmel zu stürzen. Aber dieser unbändige Spaß direkt vor der Bühne zeigte dann doch irgendwann Wirkung. Wenig später fanden sie sich jedenfalls mittendrin und hatten ebenfalls sichtlich Spaß. 
Stefan Kern im Auftrag der Gemeinde Plankstadt

Alle Bilder: © Christina Lourenco im Auftrag der Gemeinde Plankstadt