Drogerie Ahlheim 107 Jahre alt

altes Foto Drogerie Alheim

Wer die Schaufenster der Drogerie Ahlheim in der Schwetzinger Str. 10 gegenüber der evangelischen Kirche betrachtet, glaubt, die Zeit sei stehen geblieben!

Immer gut sortiert, sehen wir Feuerwerkskörper, Kosmetikartikel - darunter herausragend besonders Produkte aus der berühmten Kölner Glockengasse, aber auch Putzmittel und Rattengift zur Beseitigung lästiger Nager - alles eben, was man schon immer in Drogerien erwerben konnte. Und wer in den Laden eintritt, erblickt erstaunt auch heute gängige Produkte in reicher Auswahl.
 
Ludwig Ahlheim, der 78-jährige Besitzer in dritter Generation, weiß sehr genau um den Anachronismus seines Geschäfts angesichts der überwältigenden Konkurrenz von Drogeriemärkten und Drogerieabteilungen der Supermärkte und er gibt sich auch keinerlei Illusionen hin, was die Zukunft seines Geschäfts anbelangt. Er führt den Laden heute noch gewissermaßen als Hobby und wenn er nicht Besitzer des Hauses wäre, könnte das Geschäft bei den heutigen gewerblichen Mieten gar nicht mehr existieren.
 
Im Jahre 1980 trat Ludwig Ahlheim in die Dienste der Firma ICI-Pharma und war dort viele Jahre an der Pforte tätig; derweil führte seine Frau den Laden. Die heutigen Großhändler würden bei den geringen Mengen das Geschäft gar nicht mehr beliefern und so betreibt Ahlheim seit vielen Jahren eine Art Ausverkauf. Der Zeitpunkt, an dem er die Geschäftstätigkeit aufgeben wird, ist absehbar angesichts seines Alters und auch seines angegriffenen Gesundheitszustandes.
 
Aber solange die Drogerie noch offen ist, will das Gemeindearchiv an diese alte Einrichtung erinnern, bevor wieder ein Geschäft endgültig schließt und damit mit ihm eine Rarität aus dem Ortsbild verschwindet.
 
Die Drogerie Ahlheim gehört mit Sicherheit zu den ältesten noch existierenden Ladengeschäften in Plankstadt. Am 19. Mai 1906 wurde die Drogerie, Kolonial und Materialwarenhandlung ins Handelsregister eingetragen. Der Kaufmann Ludwig Ahlheim jun. hatte von dem Landwirt Mathias Volz II. das Grundstück mit der Lagebuchnummer 315 und der Größe von 12,56 ar im Ortsetter von Plankstadt erworben; die Vorbesitzer waren ein Zimmermann Matthias Merdes, genannt Georg und davor der Landwirt Johann Jakob Lörsch.
 
Auf dem Grundstück stand ein einstöckiges Bauernhaus mit den dazugehörigen Stallungen, also die so genannte Hofreite und ein Hausgarten. Diese Gebäude waren nicht zu erhalten und wurden entfernt. Ludwig Ahlheim erbaute darauf das heutige Gebäude, das sich äußerlich wenig verändert hat - lediglich der Balkon mit dem eisernen Gitter über dem Eingang zur Drogerie wurde zwischenzeitlich entfernt.
 
Man muss wissen, dass der Kaufmann Ludwig Ahlheim bereits vorher seinem Geschäft in Plankstadt nachging, nur an anderer Stelle. In der Ladenburger Str. 4 stand ein Bauernhaus, in dessen Untergeschoss zur Straße hin ein kleiner Laden war. Hier lagen die Anfänge der Drogerie, bevor sie in die Schwetzinger Str. 10 wechselte. Vielleicht erinnern sich noch einige Ältere daran: in diesem Laden war in den 50-er Jahren des letzten Jahrhunderts eine Art Raiffeisen-Verkaufsstelle, dessen Betreiber Schönfeld hieß und bei dem der Plankstädter Heinz Treiber (aus der Familie der „Koche-Treiber“) eine kaufmännische Ausbildung machte. Später hatte der Schwetzinger Radio- und Fernsehhändler Glander den Laden gemietet, bevor dort die Fahrschule Schuhmacher ihr Domizil hatte.

Danach wurde der Laden nicht mehr genutzt und diente Wohnzwecken. Und nachdem die Familie Richter das Haus veräußert hatte, wurde es umgebaut und modernisiert, so dass heute dort nichts mehr an diese Zeit erinnert.
 
Ludwig Ahlheim stammte aus Schwanheim bei Bensheim und diente in Schwetzingen bei der 4. Eskadron des Dragonerregiments Nr. 21 wie auch sein Regimentskamerad Karl Silberer, der in der Luisenstraße 13 ein Haus erwarb.
 
Ahlheims Schwester betrieb in der Mannheimer Straße die Drogerie Treiber, die dann später vom Drogisten Mergenthaler aus Oftersheim als Filiale übernommen wurde. Von dieser Schwetzinger Filiale der Drogerie Treiber wurden dann später, als sich Ahlheim nach seiner Dienstzeit in Plankstadt als Kolonialwarenhändler angesiedelt hatte, die Waren mit der ‚Marktscheeß‘ zur Filiale nach Plankstadt gebracht. Nicht immer ging das so einfach, denn als die katholische Kirche in Plankstadt in den Jahren 1899 - 1901 gebaut wurden, gestaltete sich die Durchfahrt durch die Schwetzinger Straße infolge der großen Baustelle oft recht beschwerlich. Offenbar betrieb Ludwig Ahlheim in seinem Geschäft in der Ladenburger Straße auch eine Sparkasse, denn aus den Jahren 1901 - 1908 ist noch ein Kassenbuch vorhanden, das der heutige Ludwig Ahlheim dem Gemeindearchiv übereignete. Auch steht im hinteren Bereich des heutigen Ladengeschäfts noch ein schwerer Tresor aus dieser Zeit. Offenbar war diese Sparkasse ein Ableger einer Karlsruher Kasse; mit der heutigen Sparkasse hatte sie jedenfalls nichts zu tun.

Der Kaufmann Ludwig Ahlheim, der 1939 gestorben ist, war auch politisch ein äußerst aktiver Mensch im Dienste der Sozialdemokratie. Im Jahre 1919 wurde er Bürgermeister in Plankstadt und blieb dies bis zum Jahr 1928. Während seiner Amtszeit entstanden innovative Konzepte, wie die Ortsgestaltung zwischen Eisenbahnersiedlung und dem Ort. Diese Konzepte kamen nie zum Zuge, das Ende der Weimarer Republik, die Weltwirtschaftskrise und der immer stärker aufkommende Nationalsozialismus ließ sie in den Schubladen verschwinden.

Sein Sohn Ludwig, der die Drogerie seines Vaters fortführte, ist leider noch 1945 im Krieg gefallen und so war dessen Sohn Ludwig (Jahrgang 1935) schon früh in das Geschäft eingebunden, das seine Mutter für ihren gefallenen Ehemann bis 1977 weiterführte. Und von 1977 bis heute führt Ludwig Ahlheim das Geschäft und er wird wohl der letzte seines Standes in Plankstadt sein, denn sein Sohn, der ebenfalls Ludwig heißt, hat sich beruflich anderweitig orientiert; er ist auch derzeit Vorsitzender des DRK-Ortsverbandes Plankstadt.
UK (Foto: Kobelke / Archiv)