Das Kriegsende in Plankstadt - Am Karfreitag 1945 kamen die Amerikaner

Schanzarbeiten in der Lessingstraße

Am Karfreitag des Jahres 1945, also am 30. März, rückten die Truppen der VII. US-Armee aus Richtung Neckarhausen – Edingen - Grenzhof kommend, in Plankstadt ein.

Wie überall war die Bevölkerung besorgt über das zu erwartende Verhalten der Besatzungssoldaten. Diese Sorge war jedoch völlig unbegründet, wer die Befehle der Amerikaner befolgte, hatte wenig zu befürchten. Auch die US-Truppen waren angehalten, mit großer Vorsicht zu agieren, denn überall im Lande gab es versprengte Haufen von SS-Truppen, die bis zum letzten Schuss Widerstand leisteten. So ist es nicht verwunderlich, dass aus Sorge um die eigene Sicherheit so manchem Amerikaner im damaligen Feindesland der Finger aus Angst sehr locker am Abzug seiner Waffe saß. 

Wie aus Aufzeichnungen der beiden Plankstadter Ortsgeistlichen, des katholischen Pfarrers Robert Friton und des evangelischen Pfarrers Friedrich Brand, hervorgeht, gab es seitens der Besatzungstruppen keine Übergriffe auf die Zivilbevölkerung; das Verhältnis kann als freundlich bezeichnet werden. Teilweise wurden Häuser oder Einzelwohnungen beschlagnahmt. Die Amerikaner errichteten auf dem Sportplatz am verlängerten Waldpfad ein Kriegsgefangenenlager, in dem bis zu 500 deutsche Soldaten gefangen gehalten wurden. Die beiden Pfarrer, die Zugang zum Lager hatten, fungierten heimlich als Briefboten, was nicht ganz ungefährlich war. Sie veranstalteten Sammlungen für die Kriegsgefangenen und halfen bei der Organisation des Lagerlebens. Nach Auflösung des Lagers blieben einige der Gefangenen in Plankstadt, denn mittlerweile hatten sich bei Besuchen von Tanzveranstaltungen auch Freundschaften zu Plankstädter Mädchen entwickelt, die in nicht wenigen Fällen auch in die Ehe mündeten.

An der alten Bahnlinie nach Heidelberg, zwischen Übergang Bruchhäuserweg und Höhe Wasserwerk waren mehrere Geschütze postiert, mit denen einige Unentwegte glaubten, die anrückenden Amerikaner noch aufhalten zu können. Bei dieser Aktion erhielten jedoch lediglich Turm und Dach der katholischen Kirche mehrere Treffer, die später wieder mit Mühe ausgebessert werden mussten und noch lange sichtbar waren, da bei der Reparatur auch andersfarbiges Steinmaterial verwendet worden war. - In der Lessingstraße wurde eines der wenigen Häuser, die damals dort standen, in Brand geschossen, ebenso ging eine Scheune in Flammen auf; auch das Wohnhaus von Lehrer Ludwig Grimm in der Schillerstraße erhielt einen Treffer.. An der evangelischen Kirche entstand lediglich ein Glasschaden, wie den Akten zu entnehmen ist.

Nun war natürlich klar, dass alle Geschädigten unverzüglich Anträge auf Reparatur oder Wiederherstellung an die Gemeinde richteten. Wir müssen uns aber vor Augen führen, dass alles Material, das dafür benötigt wurde, rationiert war und nur unter größten Schwierigkeiten und mit großem Verwaltungsaufwand beschafft werden musste. Selbst wenn das Material zugesagt war, mussten erst noch Transportmöglichkeiten organisiert werden, denn es gab ja keine Fahrzeuge und wie sollte Bauholz aus Schönau im Odenwald nach Plankstadt gelangen, wenn die dafür erforderlichen Transportmittel fehlten? Für alles bedurfte es der Genehmigungen der Besatzungsbehörden und der betroffenen Bürgermeisterämter.


Interessante Aussagen zum Einmarsch der Amerikaner können auch Hans und Heinz Ochs machen. Die Zwillinge, zum damaligen Zeitpunkt 14 Jahre alt, erlebten den Einmarsch in ihrem Elternhaus in der Lessingstraße. Tage zuvor hatten noch Mitglieder des Volkssturms in der damals noch unbefestigten Lessingstraße Schützengräben ausgehoben, gerade so, als ob dieses wirklich allerletzte Aufgebot die herannahenden US-Truppen aufhalten gewollt hätte. Im Bereich der Lessingstraße kam es zu heftigen Schießereien und Granateinsatz. Hans und Heinz Ochs wollten sich in die Schule in Sicherheit bringen, beim Öffnen der Haustür aber sahen sie sich einem amerikanischen MG-Schützen gegenüber, der sofort eine Salve abfeuerte. Zwar entschuldigte er sich sofort, als er sah, dass es sich um Kinder handelte aber Hans Ochs hatte einen Hand- und einen Oberschenkeldurchschuss. Man trug ihn zum Apotheker Adolf Kiesecker in die Luisen-Apotheke, der aber keine Möglichkeit zur rettenden Hilfe sah. Die Wunden wurden dann in der Friedrichschule, wo ein Lazarett eingerichtet war, von Dr. Ernst Klehr notdürftig versorgt und am nächsten Tag brachten ihn die Amerikaner nach Darmstadt ins US-Lazarett; schließlich waren sie – auch aus Imagegründen – sehr daran interessiert, dass der Junge eine gute ärztliche Versorgung bekam.

Andere hatten weniger Glück, in der Eppelheimer Straße kamen Ella Schumm und Karl Heinrich Berberich durch Granatbeschuss ums Leben, Marianne Weißling aus der Beethovenstraße traf es in Oftersheim und in der Friedrichstraße gehörte Werner August Gund zu den Opfern. Auch in der Rosentalstraße wurde eine Frau tödlich verletzt. Wie gefährlich es sein konnte, zeigt auch das Beispiel von Manfred Volz aus der Goethestraße, der aus dem Dachfenster schaute. Da er Brillenträger war, reflektierte das Sonnenlicht im Brillenglas und sofort wurde auf ihn geschossen; schwer verletzt mit einem Lungenschuss kam er mit dem Leben davon.

Der Zweite Weltkrieg hat in Plankstadt insgesamt 360 Opfer gefordert, davon sind 259 im Kriegseinsatz gefallen, 26 an Verwundungen oder Krankheiten gestorben und 4 später ihrem Kriegsleiden in der Heimat erlegen; 58 Männer blieben vermisst und 13 Zivilpersonen kamen ums Leben. Zu denen, die schwer unter dem Krieg zu leiden hatten, gehören auch die Spätheimkehrer. Dazu gehören ehemalige Soldaten, die erst nach dem 31. Dezember 1946 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen wurden. In Plankstadt waren dies 264 Männer, die meist aus den Lagern Russlands kamen. Der letzte von ihnen kehrte erst am 9. Mai 1957 in die Heimat zurück. - Zu Ehren der Kriegsopfer hat die Gemeinde in der Nordostecke des Friedhofs einen würdigen Ehrenhain errichtet, der auch Mahnung an die künftigen Generationen sein will.

UK